Bei der aktuellen Novellierung des Bundestraßen-Mautgesetzes hat sich die Frächter-Lobby wieder einmal voll durchgesetzt. Obwohl die EU erstmals CO2-Aufschläge erlaubt, nutzt die österreichische Bundesregierung diese neuen Spielräume nicht voll aus. Somit bleiben jährlich 700 Millionen Euro an entgangenen Mauteinnahmen sprichwörtlich auf der Straße liegen und sind für die Bahn verloren. Dem Transit-LKW-Verkehr durch Tirol wird damit der rote Teppich ausgelegt.
Worum geht es? Die EU-Wegekosten-Richtlinie regelt, wie eine Maut auf Autobahnen in Europa eingehoben wird. Der Güterverkehr erfolgt nämlich zum Großteil auf der Straße. Um den Güterverkehr umweltschonender zu machen, haben sich das Europäische Parlament und der Rat nach fünfjährigen Verhandlungen in der EU-Wegekosten-Richtlinie auf einen Kompromiss geeinigt, der erstmals einen CO2-Mautzuschlag sowie eine bessere Berücksichtigung von externen Kosten bei Luftverschmutzung und Lärm vorsieht. Mitgliedstaaten können so über Mauttarife den Umstieg auf klimafreundliche Lkw bzw. – durch fairere Wettbewerbsbedingungen – die Verlagerung des Güterverkehrs auf die Bahn forcieren. Mit den Aufschlägen sollen überdies nachhaltige Verkehrslösungen zur Entlastung von Autobahnen finanziert werden; also beispielsweise Bahnstrecken oder öffentliche Verkehrsmittel ausbauen. Im Endeffekt soll damit der Verkehrssektor klimafreundlicher werden.
Einnahmen aus Mautaufschlägen für CO2, Luftverschmutzung und Lärm verbleiben nicht beim Autobahnbetreiber, sondern fließen in den Bundeshaushalt. Die ASFINAG hebt derzeit rund 50 Millionen Euro bei externen Kosten für Lärm und Luftverschmutzung für den Bund ein, die zweckgewidmet für den öffentlichen Nahverkehr ausgegeben werden. Die neue Wegekosten-Richtlinie erlaubt erstmals, dass ein CO2-Mautaufschlag für Lkw (bis zu € 200 pro Tonne CO2) eingehoben werden kann. Deutschland nützt diese Möglichkeit ab 1. Dezember 2023 maximal aus. Konkret heißt dies, dass dort beispielsweise ein Lkw mit vier Achsen und gängiger Abgasnorm (EURO VI) knapp 16 Cent pro Kilometer an Maut entrichten muss. Laut AK-Berechnungen ergäbe ein solcher CO2-Mautaufschlag in Österreich Mauteinnahmen von 580 Millionen Euro pro Jahr, ein volles Ausschöpfen des Handlungsspielraums bei externen Kosten für Luftverschmutzung und Lärm könnte weitere 120 Millionen Euro bringen.
Diese neuen Mautzuschläge könnten auch zur verkehrspolitischen Steuerung eingesetzt werden. Rund 60 Prozent von jährlich 2,6 Millionen Lkw-Fahrten über die Brenner-Autobahn müssten laut Tiroler Landesregierung aufgrund der Distanzen eigentlich durch die Schweiz erfolgen. Sie fahren aber durch Tirol, weil vor allem die Mautkosten niedriger sind. Für eine weitere Verringerung der Transitfahrten müssen allerdings auch der „Tanktourismus“ durch Lkw (= Dieselpreis ist in Österreich niedriger als in den benachbarten EU-Staaten) und effizientere Schwerverkehrskontrollen in Angriff genommen werden. Auch der Schienengüterverkehr wird durch diese unfaire Bevorzugung des LKW-Verkehrs geschwächt.
Die jüngste Novelle zum Bundesstraßen-Mautgesetz setzt diese EU-Bestimmungen um. Die Regierungsparteien haben sich im August auf einen Kompromiss verständigt. Konkret steigt der CO2-Mautaufschlag für einen Lkw mit vier Achsen und der Abgasnorm Euro VI von knapp 4 bis 2026 auf 9 Cent. Für die Jahre ab 2027 werden überhaupt keinen CO2-Mautaufschläge festgelegt. Der verbesserte unionsrechtliche Handlungsspielraum bei den externen Kosten für Luftverschmutzung und Lärm wird auch nicht ausgenützt. Dieses Nicht-Ausnützen des Mautpotentials bei CO2, Lärm und Luftverschmutzung sowie die Nichtvalorisierung im nächsten Jahr führt bis 2026 zu einem Einnahmenausfall von jährlich rund 700 Euro Millionen. Inflationsbereinigt sinken auf allen Autobahnstrecken die Lkw-Mauttarife. Ironie am Rande: Österreich hat im Europäischen Rat gegen den Beschluss gestimmt, weil es die Mautaufschläge („Bergaufschlag“) als unzureichend ansah. Denn in Österreich besteht das Transitproblem in besonders belasteten Gebirgsregionen, beispielsweise auf der Inntal- und der Brenner-Autobahn.
Unsere Forderungen:
Der Schwerverkehr auf Autobahnen muss einen fairen Beitrag zur Klimawende leisten. Der unionsrechtliche Spielraum bei Mautaufschlägen zu CO2, Lärm und Luftverschmutzung muss vollständig ausgenützt werden. Österreich darf kein Geld an Unternehmen verschenken, zumal diese mehrheitlich ihren Sitz außerhalb von Österreich haben sowie schlechte Arbeits- und Lohnbedingungen aufweisen.
Mehreinnahmen aus diesen Mautaufschlägen müssen öffentliche Budgets entlasten und für den Ausbau des öffentlichen Verkehrs verwendet werden.
Jeder Cent mehr bei der Lkw-Maut macht den Transit durch Österreich weniger attraktiv. Eine konsequente Verlagerungspolitik muss jedoch weitere Maßnahmen ergreifen. Dazu gehören insbesondere effektivere Straßen-Schwerverkehrskontrollen, ein Ausbau der Vorlaufstrecken für den Brenner-Basis-Tunnel in Deutschland und Italien. Lkw-Fahrbeschränkungen sollten der Verkehrssicherheit und Umwelt dienen. Die gleiche Besteuerung von Diesel und Benzin in Hinblick auf ihre CO2-Emissionen, die die Kommission vorgeschlagen hat (= Aufhebung des Dieselprivilegs), würde darüber hinaus Lkw-Umwegverkehre durch Tirol reduzieren.
Franz Greil ist Referent in der Abteilung Umwelt & Verkehr der Arbeiterkammer Wien
Liberalisierung des Bahnsektors bedeutet auch ein Modell, in dem Leistungen wie der Erhalt des Schienennetzes und der Betrieb der Bahnverbindungen selbst getrennt werden. Diese Trennung führt allerdings in die wirtschaftliche und verkehrsplanerische Irre, schreibt Tim Engartner, Professor für Sozialwissenschaften an der Universität zu Köln.
Fehlende Waggons, ausgedünnte Fahrpläne und verwahrloste Bahnhöfe stoßen Reisenden der Deutschen Bahn (DB) AG ebenso auf wie unpünktliche Züge. Jeder zweite Fernverkehrszug war im November 2023 verspätet. So unpünktlich waren die IC- und ICE-Züge des bundeseigenen Konzerns seit acht Jahren nicht mehr, und das, obwohl ausfallende Verbindungen durch die Pünktlichkeitsstatistik gar nicht erst erfasst werden. Geschuldet sind die Verspätungen laut Aussage des DB-Vorstands insbesondere dem „kurzfristigen Baugeschehen“. Rund 75 Prozent der Fernverkehrszüge seien durch mindestens eine Baustelle ausgebremst worden.
Immerhin hat sich die amtierende Bundesregierung darauf geeinigt, mehr Geld in die maroden Schienenwege zu investieren. Diese Mittel sollen der Erreichung ambitionierter Ziele dienen, heißt es doch im Koalitionsvertrag der „Ampel“-Regierung: „Wir werden den Masterplan Schienenverkehr weiterentwickeln und zügiger umsetzen, den Schienengüterverkehr bis 2030 auf 25 Prozent steigern und die Verkehrsleistung im Personenverkehr verdoppeln.“
Derzeit aber hinkt Deutschland bei den Pro-Kopf-Investitionen in die Schieneninfrastruktur auch im europäischen Vergleich weit hinterher. Lediglich 114,- Euro pro Kopf, und damit weniger als im Vorjahr, hat der Bund im vergangenen Jahr für seine Schieneninfrastruktur ausgegeben, während die Investitionssummen in den meisten anderen Ländern gestiegen sind. Dabei sind sich – von einer unrühmlichen parlamentarischen Vertretung abgesehen – alle im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien einig, dass die Verkehrswende nur mit einer Verlagerung des Verkehrs auf die Schiene gelingen kann.
Schmerzliche Trennung
Tiefgreifende politische Maßnahmen lassen jedoch auf sich warten, zumal die Hoffnung auf substanzielle Verbesserung durch die auch von europäischer Ebene angestoßene Debatte über die Trennung von Netz und Betrieb getrübt wird, die auf die neoliberale Wettbewerbsorientierung vertraut. Spätestens seit dem im Sommer 2021 veröffentlichten Positionspapier, in dem u. a. der Fahrgastverband PRO BAHN, die Lokführergewerkschaft GDL und die Verbraucherzentrale Bundesverband für eine Aufspaltung der DB AG in zwei unabhängige Unternehmen plädieren, wird das Thema wieder intensiv diskutiert. Dass sich die Monopolkommission als „Hüterin“ des Wettbewerbs dieser Position im Glauben an dessen belebende Kraft angeschlossen hat, verwundert nicht.
Dabei sind die Argumente für eine Beibehaltung des integrierten Konzerns ebenso vielschichtig wie überzeugend. Aktuell verweisen sowohl das Aktionsbündnis Bahn für Alle als auch die Eisenbahnergewerkschaft EVG auf die widerstreitenden Interessen eines „reinen“ Netzbetreibers und „reinen“ Verkehrsunternehmens. Neben der Fragmentierung des komplexen Schienenverkehrssystems werden weitere entscheidende Gründe übersehen, die gegen eine Gewinn- oder gar Kapitalmarktorientierung der auf dem Schienenverkehrsmarkt auftretenden Unternehmen sprechen. So wird ein privater Anbieter von Schienenverkehrsleistungen unter rein kaufmännischen Gesichtspunkten stets solche Zugleistungen und -verbindungen aufgeben (müssen), deren Ertragswerte negativ sind oder jedenfalls unterhalb der durchschnittlichen Rendite im Bahnsektor liegen. Die einem Glaubensbekenntnis gleichkommende Behauptung, konkurrierende Betreibergesellschaften übernähmen anschließend derartige Zugfahrten, Linien oder Netzteile, verklärt den Umstand, dass auch diese nach betriebswirtschaftlichem Kalkül operieren (müssen). Mit anderen Worten: Auch im Wettbewerb zwischen verschiedenen Zuggesellschaften führt der Rentabilitätsdruck zu einer Einstellung unprofitabler Streckenabschnitte – es sei denn, die Betreibergesellschaften werden dann doch wieder staatlich subventioniert.
Eben dies geschieht über die Regionalisierungsmittel, die der Bund den Ländern und Zweckverbänden für entsprechende Leistungen im Schienenpersonennahverkehr (SPNV) bzw. im gesamten öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) zahlt. Erkennbar können mehrere Schienenverkehrsunternehmen nicht gleichzeitig ihr Produkt – sprich: Bahnfahrten – auf demselben Schienenstrang anbieten. Der vermeintliche Wettbewerb um den schnellsten, preiswertesten und komfortabelsten Zug – verbunden mit vielen verschiedenen Fahrplänen – führt die Bahnfahrer*innen somit nicht ans Ziel, sondern ins Chaos. Kurzum: Die im Volksmund fest verankerte Losung „Wettbewerb belebt das Geschäft“ greift hier eben gerade nicht. Dass diese Gesetzmäßigkeit privaten Unternehmertums von der Mehrheit der Verkehrspolitiker*innen nicht gesehen wird, verwundert angesichts der augenfälligen Folgen.
Düstere Prognosen
Um nachzuvollziehen, wie das Bahnwesen erfolgreich von einem Staatsunternehmen ausgestaltet werden kann, lohnt ein Blick in die Schweiz. Das dortige Eisenbahnsystem gilt als das beste in Europa – mit einem flächendeckenden Angebot bis in entlegenste Winkel, einem integralen Taktfahrplan (der in Deutschland als „Deutschlandtakt“ im Koalitionsvertrag festgeschrieben ist und angestrebt werden soll), einer weltweit bewunderten Pünktlichkeitsquote sowie beneidenswerten Fracht- und Fahrgastzahlen. Nicht ohne Grund kam der Schweizer Verband öffentlicher Verkehr (VöV) bereits vor Jahren zu dem Ergebnis, dass die auch auf EU-Ebene propagierte „Trennungsphilosophie ein fundamentaler Irrtum ist.“
Fast bleibt zu hoffen, dass das Insolvenzverfahren des privaten Zugbetreibers Abellio Rail die Ampelkoalitionäre zum Umdenken bewegt. Mit Dumpingpreisen hatte das Tochterunternehmen der niederländischen Staatsbahnen vor ein paar Jahren die Ausschreibungen von Zuglinien für sich entschieden. Wie schon andere Betreibergesellschaften hatte sich Abellio im Kampf um Marktanteile gerade auch in Konkurrenz zur DB Regio auf geradezu absurde Vertragsbedingungen eingelassen. So musste das Unternehmen selbst dann hohe Strafzahlungen für Zugausfälle und -verspätungen leisten, wenn diese durch Baustellen der DB Netz AG verursacht worden waren. Nun musste das Land NRW einspringen, indem es der Schienenpersonennahverkehrsbranche bis 2032 mit insgesamt 928 Millionen Euro unter die Arme greift. Aber statt die fatalen Folgen des ruinösen Wettbewerbs anzuerkennen und aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen, betrachtete die seinerzeitige NRW-Verkehrsministerin Ina Brandes (CDU) das Desaster als üblichen Vorgang der Marktbereinigung. Auch dieses Beispiel zeigt: Es dürfte noch eine Weile dauern, bis sich auch auf (verkehrs-)politischer Ebene die Einsicht durchsetzt, dass ein modernes Verkehrswesen, auf das jedes Industrieland nicht zuletzt unter den Vorzeichen eines beschleunigten Klimawandels angewiesen ist, Sicherheiten und Perspektiven benötigt, die der Markt allein nicht bieten kann.
Tim Engartner ist Professor für Sozialwissenschaften mit dem Schwerpunkt ökonomische Bildung an der Universität zu Köln. Zuletzt ist seine Streitschrift mit Wolfgang Kubicki unter dem Titel „Privatisierung – Optimierung oder Entmenschlichung?“ im Westend Verlag erschienen.
Seit Jahrzehnten werden in Deutschland Aufträge für den Schienenpersonennahverkehr ausgeschrieben. Was als Fortschritt angepriesen wurde, schlägt sich in Wahrheit vielfach negativ nieder. Auch in Pleiten, wie das Beispiel der niederländisch-deutschen Abellio zeigt.
Auf den ersten Blick scheint der Wettbewerb eine Erfolgsgeschichte zu sein: Seit 1996 kam es zu einer Steigerung der Zugtakte um rund 40 Prozent und der Personenkilometer um rund 65 Prozent. Die Zugtaktung wurde erhöht und neue Linien eröffnet. Damals übertrug der Bund die Organisation des regionalen Eisenbahnverkehrs an die Bundesländer und stellte entsprechende Finanzmittel bereit. Damit war es auch möglich, neues Zugmaterial anzukaufen, was bis heute als sichtbares Zeichen einer neuen Struktur im Bahnverkehr wahrgenommen wird. Dieses vermeintlich positive Bild trügt allerdings.
Die Ausschreibung von Verkehren führte zu der bizarren Situation, dass sich Tochterfirmen europäischer Staatsbahnen einen Wettbewerb lieferten. Während zu Beginn des Ausschreibungswettbewerbs noch satte Gewinne lockten, wurden gewonnene Verkehre spätestens in der zweiten Runde der Ausschreibungen Anfang der 2000er-Jahre zur Investitionsfalle. Mit Abellio und Keolis gingen in Deutschland Tochterfirmen zweier Staatsbahnen – nämlich aus den Niederlanden (NS) aus und Frankreich (SNCF) – pleite. Offenbar waren die Eigentümer*innen nicht länger bereit, verlustreiche Geschäfte im Ausland weiter mit öffentlichen Mitteln zu subventionieren. Die öffentlichen Aufgabenträger in Deutschland selbst mussten deshalb in vier deutschen Bundesländern tief in die öffentlichen Kassen greifen. Mit einem dreistelligen Millionenbetrag wurde mittels Not- und Neuvergaben sowie Nachverhandlungen ein Zusammenbruch der zahlreichen Verkehre verhindert.
Pro Ausschreibung gibt es heute durchschnittlich nur noch 1,7 Angebote. Der Wettbewerb funktioniert also nicht. Woran liegt das? Ein Grund sind die Vorgaben der derzeit 27 Aufgabenträger aus 16 Bundesländern. Diese sind notwendig, um die Qualität der Verkehre zu sichern. Sie umfassen im betrieblichen Bereich die Fahrpläne, die Ausstattung der Fahrzeuge und die Ticketpreise. Im Personalbereich werden neben Tarifstandards nun auch immer mehr die Anzahl des Personals sowie Ausbildungsquoten vorgegeben. Gerade im Personalbereich wird der Fachkräftemangel nämlich zum kaum kalkulierbaren Risiko jeder Betriebsaufnahme bei einem Betreiberwechsel oder während der Vertragslaufzeit durch Anstieg der Fluktuation.
Die Unwägbarkeiten im Bereich der mittlerweile völlig überlasteten Eisenbahninfrastruktur führen in ganz Deutschland zu Problemen. Verantwortlich dafür ist die nicht abgestimmte Entwicklung der Verkehrsleistungen und mangelhafter Ausbau der Infrastruktur. Bei dichten Zugfolgen und knappen Wendezeiten wirken sich die häufigen Verspätungen auf ganze Zugnetze aus. Bestellerorganisationen reagieren darauf mit Pönalen in Millionenhöhe, die von den Eisenbahnen zu bezahlen sind – selbst wenn die Ursachen woanders liegen. Starre Verträge, mit einer Laufzeit von durchschnittlich zwölf Jahren und mehrjähriger Vorlaufzeit beinhalten kaum planbare Risiken. Durch den Unterbietungswettbewerb gingen die Unternehmen zusätzlich hohe Risiken ein, um Verkehrsleistungen zu gewinnen. Dass sie damit auch langfristige Verlustgeschäfte unterzeichneten, war vielen Verantwortlichen wohl nicht bewusst.
Derzeit wird in aktuellen Berichten trotzdem das Lied vom erfolgreichen Wettbewerb gesungen. Die Deutsche Bahn ist mit der DB Regio AG und deren Tochtergesellschaften nur noch 58,5 % der regionalen Eisenbahnverkehre verantwortlich. Der Wettbewerb von Eisenbahnen im Staatsbesitz, die mit öffentlichen Mitteln in jeweils anderen EU-Staaten um Marktanteile kämpfen, geht am Sinn und Zweck der Investition öffentlicher Mittel völlig vorbei. In Deutschland haben solche Unternehmen einen Marktanteil von rund 20 Prozent.
Hinzu gerechnet werden müssen ebenfalls Eisenbahnen in regionalem oder kommunalem öffentlichem Eigentum. Diese verkehren zumeist nur auf Strecken in ihrem Besitz und beteiligen sich dann an Ausschreibungen, wenn es um das eigene Bediengebiet geht. Damit die Statistiken besser aussehen, werden auch sie zu den Wettbewerbsbahnen gezählt. Immerhin haben solche Bahnen einen Marktanteil von rund elf Prozent. Echte Wettbewerbsbahnen – also Unternehmen, die mit privatem Kapital ausgestattet sind – bilden mit derzeit rund einem Zehntel des Verkehrsaufkommens das Schlusslicht.
Es ist unklar, wie hoch die rein administrativen Kosten des Ausschreibungswettbewerbs in Deutschland sind. Doch durch die immer detaillierten Vergabeverfahren entsteht ein Aufwand, der hohe Summen aus der Verkehrsleistung in die administrative Steuerung– auf die Seite der Aufgabenträger, aber auch der Unternehmen – verlagert. Zahlreiche Unternehmensberater*innen und Jurist*innen verdienen dabei kräftig mit. Teure Klageverfahren vor Vergabekammern und Gerichten finden regelmäßig statt.
Ohne einen leistungsfähigen Eisenbahnregionalverkehr sind die wichtigen Klimaziele im Verkehrssektor nicht zu erreichen. Eine gute Alternative zu den bisherigen Wettbewerbsvergaben in Deutschland könnten die nach wie vor zulässigen Direktvergaben sein, denn sie erheben nicht den Wettbewerb zum gefährlichen Selbstzweck, sondern stellen ohne große Reibungsverluste und Unwägbarkeiten die flächendeckende Verfügbarkeit und Verlässlichkeit der Eisenbahn in den Mittelpunkt.
Die Erfahrungen aus 28 Jahren Wettbewerb zeigt deutlich, dass die so oft behauptete Erfolgsgeschichte des Wettbewerbs im deutschen SPNV, der zu besserer Qualität und billigeren Preisen führen sollte, eben doch nur ein schlechtes Märchen ist.
Dieser Text basiert auf einer Analyse von Dirk Schlömer, Vorstand von mobifair e.V. Deutschland – Verein fairer Wettbewerb in der Verkehrswirtschaft.
Diesen Sonntag wird der Fahrplan von Eisenbahnen in ganz Europa wieder aktualisiert – so auch in Österreich. Neue Verbindungen kommen hinzu, gewohnte Züge weisen vielleicht geänderte Abfahrtszeiten auf. Bei bereits geplanten Reisen sollte man sich vorab über die neuen Fahrpläne informieren!
Auch die ÖBB bieten zusätzliche Verbindungen und sorgen für Taktverdichtungen sowie neue Züge. Hier ein paar der wichtigsten Neuerungen:
Die ersten fabriksneuen Nachtzuggarnituren werden auf der Strecke von Wien und Innsbruck nach Hamburg eingesetzt.
Künftig geht es im Nightjet von Berlin nach Paris und Brüssel – zuerst dreimal wöchentlich, ab Oktober 2024 täglich. Ab dann gibt es auch eine tägliche Verbindung von Wien nach Paris und Brüssel.
Der EuroNight 406/407 fährt ab dem Fahrplanwechsel auf einer neuen Route und bringt Reisende von Salzburg und Linz direkt nach Warschau.
Der Nightjet 456/457 Graz – Wien – Berlin fährt jetzt neu über Prag und Dresden. Das bedeutet eine kürzere Reisezeit sowie attraktivere Abfahrts- und Ankunftszeiten.
Die bestehenden drei Zugpaare Graz – Spielfeld-Straß werden bis nach Maribor und teilweise bis Ljubljana verlängert. Die Hauptstadt Sloweniens wird darüber hinaus durch insgesamt sechs neue Züge von und nach Villach besser angebunden.
Häufigere ICE-Verbindungen von Wien nach Berlin und weiter nach Hamburg.
Auch im Fahrplanjahr 2024 wird das Angebot im Nah- und Regionalverkehr konsequent ausgebaut – so können die ÖBB ein großes Plus von insgesamt rund 4,5 Millionen Angebotskilometern verzeichnen.
Eine echte Verbesserung ist die neue schnelle CJX-Linie von Wien über Baden nach Wiener Neustadt. Dies sollte die vollen Railjet-Garnituren auf dieser Strecke entlasten.
Inbetriebnahme des Kärntner Abschnitts der Koralmbahn zwischen Klagenfurt und Wolfsberg.
Mehr Züge und mehr Fahrgäste können aber zu mehr Konflikten führen. Die allgemeine gesellschaftliche Gereiztheit ist auch in der Eisenbahn spürbar. Einige Fahrgäste meinen, ihren Ärger über verspätete Züge oder überfüllte Garnituren am Personal abreagieren zu können. Übergriffe auf Zugbegleiter:innen nehmen zu – das ist untragbar! Neben mehr Personal bedarf es auch der Zivilcourage und Solidarität der anderen Fahrgäste, um verhaltensauffällige und aggressive Passagiere einzubremsen. Gemeinsam können wir dafür sorgen, unsere Bahnen zu einem sicheren Ort zu machen, an dem sich alle wohlfühlen – Beschäftigte und Fahrgäste.
Der Ausbau des öffentlichen Verkehrsangebots ist ein Gebot der Stunde, um die Verkehrsproblematik rund um die Landeshauptstadt zu entschärfen. AK-Oberösterreich-Präsident Andreas Stangl ruft daher im Sinne von zehntausenden Pendler:innen in Oberösterreich zur Unterzeichnung der Petition „JETZT Regional-Stadtbahn Linz auf Schiene bringen“ auf.
Das System des öffentlichen Verkehrs ist in Teilen von Linz an der Grenze der Leistungsfähigkeit angelangt. Das gilt vor allem für die Schnittstelle zwischen dem ÖBB-Schienennetz und der Linzer Straßenbahn am Hauptbahnhof. Zu den Hauptverkehrszeiten im Berufspendlerverkehr ist das Problem ganz besonders groß. „Deshalb ist der Ausbau des öffentlichen Verkehrsangebots unabdingbar. Bei diesem Thema ist eine rasche Entscheidung erforderlich, damit das offene Zeitfenster bis zur nächsten Nationalratswahl genutzt wird und vor- bzw. nachwahlbedingte Verzögerungen vermieden werden. Weitere Verzögerungen durch parteipolitische Taktierereien sind unverantwortlich“, sagt AK-OÖ-Präsident Andreas Stangl.
Der Bau von S 6 und S 7 und deren bestmögliche Abstimmung auf das Angebot der Linz-Linien würde zusätzlich um die 20.000 Arbeitsplätze fußläufig innerhalb von maximal zehn Minuten erreichbar machen. Somit entstünde ein enormes Verlagerungspotenzial zugunsten des öffentlichen Verkehrs. „Ich ersuche eindringlich, diese Chance in Zeiten einer Klimadebatte zu nutzen“, sagt Stangl. Abgesehen davon hält der AK-Präsident die Kosten für kein überzeugendes Gegenargument: „Hätte man das Projekt in der Niedrigzinsphase der letzten zehn Jahre umgesetzt, wäre die Finanzierung günstiger gewesen. Diese Chance ist vorbei, aber je länger man die Stadtbahn und den Ausbau des öffentlichen Verkehrs nach hinten verschiebt, umso teurer wird es am Ende werden. Und ohne sie wird es ganz sicher nicht gehen.“
Das Klimaticket hat österreichweit gezeigt, dass noch viel „Luft nach oben“ ist und viele Menschen bereit sind, ihr Mobilitätsverhalten zu verändern: Straßenbahnen, Busse und Züge werden derzeit stärker denn je in Anspruch genommen, geraten aber vielfach, insbesondere im Berufsverkehr, an ihre Kapazitätsgrenzen. In den Verkehrsspitzen zu Pendelzeiten, aber teilweise auch im Freizeitverkehr, sind Sitzplätze Mangelware.
AK-Präsident Stangl: „Immer dann, wenn das Angebot im öffentlichen Verkehr deutlich verbessert wurde, wurde es von sehr vielen Menschen auch sehr gut angenommen.“ Daher braucht Oberösterreich und vor allem der Linzer Zentralraum dringend einen weiteren kräftigen Ausbau des öffentlichen Verkehrs. Gerade in Ballungszentren wird es zunehmend unmöglich, den zusätzlichen Verkehr durch den Bau neuer Straßen zu bewältigen. Der Platzmangel lässt das kaum noch zu und treibt auch die Kosten des Straßenbaus entsprechend in die Höhe. Stangl betont: „Für Linz und Umgebung ist der Ausbau des Angebots ein Ausweg aus den Stauproblemen. Die Petition soll den involvierten Verantwortungsträgern Rückenwind für eine rasche Beschlussfassung geben. Daher rufe ich dazu auf, die soeben gestartete Petition zu unterzeichnen.“
Die Investitionen in dieses Projekt können laut Stangl auch ein weiterer Beitrag zur Stabilisierung der wirtschaftlichen Lage sein. Sie werden sich mittel- bis langfristig rechnen: weniger Abgase, gesündere Umwelt, zusätzliche Arbeitsplätze und mehr Verkehrssicherheit seien Ziele, die wirklich allen nützen!
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