Während in Österreich seit Jahren über den Erhalt und Ausbau regionaler Bahnlinien gestritten wird, zeigen unsere Nachbar*innen in Tschechien, wie es anders gehen kann. Nur wenige Kilometer nördlich der oberösterreichischen Grenze fährt die Böhmerwaldbahn durch dünn besiedeltes Gebiet – ganzjährig und gut genutzt. Der Kontrast zur Mühlkreisbahn, die in ihrer Existenz bedroht ist, könnte kaum größer sein. Ein Blick über die Grenze zeigt: Es fehlt nicht am Potenzial – sondern am politischen Willen.
Nach der „Samtenen Revolution“ 1990 reaktivierte man die Bahnlinie auf tschechischer Seite fĂĽr zivile Zwecke. Haltestellen und Bahnsteige wurden neu errichtet, die Strecke laufend saniert. Neben dem touristischen Hotspot ÄŚeskĂ˝ Krumlov (Krumau an der Moldau) erschlieĂźt die Bahn auch das Erholungsgebiet rund um den Moldau-Stausee sowie den Nationalpark Ĺ umava. Parallel zur Bahnlinie verläuft der beliebte „Iron Curtain“- Radweg. Das touristische Potenzial ist also vorhanden – und wird, wie die Fahrgastzahlen zeigen, auch tatsächlich genutzt. Die ZĂĽge bieten reichlich Platz fĂĽr Fahrräder – im Sommer hilft zusätzliches Personal beim Ein- und Ausladen.
Was in Südböhmen funktioniert, könnte auch im benachbarten Mühlviertel gelingen. Potenziale sind dazu da, genutzt zu werden! Stattdessen wird die Mühlkreisbahn systematisch ausgehungert – während man seit Jahrzehnten über den Lückenschluss zum Linzer Hauptbahnhof diskutiert, ihn aber bis heute nicht umsetzt.
Die Böhmerwaldbahn beweist, dass regionale Bahnlinien auch in peripheren Regionen erfolgreich betrieben werden können. Für das Mühlviertel bedeutet das: Der Bezirk Rohrbach darf nicht von der Schiene abgehängt werden. Statt weiter über den Lückenschluss zum Linzer Hauptbahnhof zu diskutieren, braucht es endlich konkrete Schritte – für einen modernen, klimafreundlichen und gleichwertigen öffentlichen Verkehr in ganz Oberösterreich.
Autorenschaft: Heinz Högelsberger, Abteilung Klima, Umwelt und Verkehr AK Wien
Schweden gilt sowohl bei der Liberalisierung des Bahnwesens als auch im Bereich der Digitalisierung als europäischer Vorreiter. Was zunächst modern klingt, führt in der Praxis zu unerwarteten Herausforderungen. Der folgende Bericht zeigt, wie sich diese Entwicklungen auf den schwedischen Bahnverkehr auswirken – und wo die Grenzen von Liberalisierung und Digitalisierung deutlich spürbar werden.
Bereits im Jahr 1988 wurde beschlossen, den Bahnbetrieb und die Infrastruktur bei der staatlichen Eisenbahn SJ (Statens Järnvägar) zu trennen. Damit erhielten auch private Anbieter Zugang zum schwedischen Schienennetz. Schweden wurde so zum Vorreiter, an dem sich später die EU mit ihren Eisenbahnpaketen orientierte. Der Nahverkehr wurde in die Verantwortung von Regionen und Gemeinden übertragen, was in vielen Fällen zu einer Umstellung auf Busverkehr führte. Auch das Schienennetz schrumpfte massiv – von 17.110 Kilometern im Jahr 2002 auf 10.914 Kilometer im Jahr 2022. Die Verwaltung des Schienennetzes wechselte zunächst von der SJ zur Behörde Banverket und ging 2010 an Trafikverket über, wo heute die langfristige Planung der Straßen- und Bahninfrastruktur beheimatet ist. Der schwedische Bahnbetrieb ist mittlerweile vollständig liberalisiert. Die Performance ist mit jener Österreichs allerdings durchaus vergleichbar (siehe Tabelle). War die Liberalisierung also eine Erfolgsgeschichte?
Um dieser Frage auf den Grund zu gehen, lohnt sich ein genauerer Blick: Das Bahnnetz ist nach wie vor relativ dicht – die Intervalle hingegen nicht. Fernzüge fahren selten und sind daher stark ausgelastet. Eine Sitzplatzreservierung ist häufig vorgeschrieben. Als Fahrgast muss man jedoch zuvor herausfinden, bei welchem Bahnunternehmen man überhaupt buchen muss. Die schwedischen Züge sind grundsätzlich pünktlich, bestehen aber oft nicht aus der vorhergesehenen Anzahl oder Art von Waggons.
Diesen Sommer kam es jedoch häufig zu Zugausfällen. Zwischen dem 1. Mai und dem 22. Juli verbogen sich die Schienen aufgrund der Hitze fünfundzwanzigmal so stark, dass es zu längeren Verkehrsunterbrechungen kam. Erst kürzlich saßen deshalb rund hundert Fahrgäste für 22 Stunden im nordschwedischen Gällivare fest. Dem Infrastrukturbetreiber Trafikverket wird vorgeworfen, keine vorbeugende Wartung durchzuführen. Kommt es zu akuten Störungen, erfolgen die Arbeiten aus Kostengründen tagsüber und ohne Zeitdruck. Hier rächt es sich, dass die schwedische Bahn kein integriertes Unternehmen mehr ist, in dem Reparatur und Wartung der Infrastruktur auf die Erfordernisse des Personen- und Güterverkehrs abgestimmt werden.
Schweden setzt auf Digitalisierung
Bedingt durch die weitgehende Digitalisierung sind schwedische Bahnhöfe sehr spartanisch ausgestattet. Meist bestehen sie nur aus einem Wartesaal, einer elektronischen Zuganzeige und WC-Anlagen. Gepäckschließfächer gibt es nur selten. Aushänge, Netzpläne oder Informationsschalter sucht man vergeblich. In wenigen Regionen stehen Fahrkartenautomaten für den Nahverkehr zur Verfügung – wobei dieser, wie wir ihn kennen, auf den dichter besiedelten Süden und das Umland der Großstädte beschränkt ist. Im übrigen Land fahren die Züge meist an den Dörfern vorbei und halten nur in den Städten. Eine weitere Kehrseite der Digitalisierung ist, dass es im Falle von Computerausfällen bei der Zugsteuerung oft keine Rückfallebene gibt und der Verkehr dann zum Erliegen kommt.
Wie steht es um die schwedischen NachtzĂĽge?
Trotz der großen geografischen Ausdehnung des Landes sind Nachtzugverbindungen in Schweden rar. Täglich verkehren Nachtzüge lediglich von Stockholm nach Malmö, nach Duved (jedoch nicht weiter ins norwegische Trondheim) und in den Norden nach Luleå. Eine Verbindung nach Oslo gibt es nicht. An manchen Tagen fahren Nachtzüge auch nach Berlin und zum norwegischen Erzverladehafen Narvik. Doch gerade die Verbindungen in den Norden stehen auf der Kippe: Für die aktuelle Ausschreibung dieser Nachtzugverkehre fand sich kein einziger Interessent. Ein Blick auf die Vorgeschichte: Das Bahnunternehmen „Vy Tåg“ hatte den Betrieb nach einer Ausschreibung im Dezember 2020 übernommen. Als es die Option zur Vertragsverlängerung nicht zog, wurde der Nachtzugverkehr im Sommer 2024 per Direktvergabe an die SJ übertragen. Diese betreibt die Verbindung seither – so scheint es – eher lustlos bis zum geplanten Vertragsende im Dezember 2026.
Was danach geschieht, ist unklar. Die Verkehrsbehörde wurde von der erfolglosen Ausschreibung überrascht – das Management der SJ hingegen nicht. „Wir freuen uns sehr, die Nachtzüge zwischen Stockholm und dem Norden zu betreiben. Es gibt eine große Nachfrage nach Zugreisen, aber die Ausschreibungsbedingungen müssen realistisch sein“, heißt es vonseiten der Staatsbahn. Offenbar sind sie das derzeit nicht.
Sonderfall Inlandsbahn
Während die Hauptstrecke nach Nordschweden von Stockholm über Boden und Kiruna bis zum norwegischen Erzverladehafen Narvik verläuft, zieht sich die Inlandsbahn weiter westlich durchs Land. Sie erstreckt sich über eine Länge von mehr als 1.288 Kilometern – von Kristinehamn im Süden bis nach Gällivare im Norden – und wurde in einem Zeitraum von drei Jahrzehnten zu Beginn des 20. Jahrhunderts gebaut.
Bereits seit 1963 verfolgt der schwedische Staat die Politik, „unrentable“ Bahnstrecken stillzulegen. Die Inlandsbahn spielte im Personenverkehr nur noch eine untergeordnete Rolle. Mit dem Fahrplanwechsel 1990/1991 sollte dieser schließlich vollständig auf Busverkehr umgestellt werden, was zu heftigen Protesten der Anrainer:innen führte. In der Folge wurde der Betrieb an die „Inlandsbanan AB“ übergeben, ein Unternehmen im Eigentum der 15 Anliegergemeinden. Die finanzielle Verantwortung für die Infrastruktur verblieb jedoch beim Staat.
Der Personenverkehr auf der Inlandsbahn beschränkt sich auf touristische Fahrten in den Sommermonaten sowie auf einzelne Sonderfahrten zu besonderen Anlässen. Derzeit verkehrt täglich ein Zugpaar zwischen Gällivare und Östersund. Die im Betrieb befindlichen Fiat-Schienenbusse aus dem Jahr 1980 kreuzen einander am frühen Nachmittag in Sorsele. Ein weiterer Zug fährt am Vormittag von Östersund nach Mora und am Nachmittag wieder zurück. Betankt wird mit „100 % förnybara bränslen“ – also vollständig erneuerbarer Energie.
Es gibt Streckentickets und Zeitkarten, auch Interrailtickets werden anerkannt. Aufgrund der begrenzten Kapazitäten ist eine Platzreservierung erforderlich – auch, damit die Crew weiß, an welchen Haltestellen Fahrgäste zusteigen möchten und daher ein Stopp eingelegt werden soll. Entlang der Strecke gibt es zudem Halte rein touristischer Natur – etwa am Polarkreis, bei den Bahnhofs-Museen in Moskosel und Sorsele sowie für Essenspausen. Die Bahn ließe sich grundsätzlich auch stärker für den Regionalverkehr nutzen – etwa durch die Vermeidung paralleler Angebote. So verkehrt beispielsweise die Regionalbuslinie 46 zeitgleich mit dem Zug zwischen Östersund und Mora – bei ähnlicher Fahrzeit. Auf Teilstrecken findet auch Güterverkehr statt, hauptsächlich in Form von Holztransporten.
Als Fahrgast fällt der Kontrast zwischen dem betagten, teils störungsanfälligen Fuhrpark und dem überraschend guten Zustand der Infrastruktur auf. Für eine Bahnlinie, auf der in zweieinhalb Monaten jährlich lediglich zwei tägliche Personenzüge unterwegs sind, ist die Zahl gesicherter Bahnübergänge – teils beschrankt, teils mit Lichtsignalanlagen – erstaunlich hoch. Die Inlandsbahn bringt Tourismus in abgelegene Regionen und ist als Erlebnisbahn selbst eine Attraktion. Das erklärt wohl auch, warum sich die Anliegergemeinden finanziell am Betrieb beteiligen. Mit einem ähnlichen Ansatz hätte man wohl auch in Österreich so manche Regionalbahn vor der Stilllegung retten können.
Der Blick nach Schweden zeigt: Ohne eine klare staatliche Steuerung, ausreichende finanzielle Mittel und ein Bewusstsein für die Bedürfnisse der Fahrgäste drohen zersplitterte Strukturen, mangelhafte Informationen und ausgedünnte Verbindungen. Gleichzeitig beweisen Projekte wie die Inlandsbahn, dass regionales Engagement, politische Gestaltung und touristischer Mehrwert durchaus neue Perspektiven eröffnen können – wenn man bereit ist, Bahnverkehr nicht nur wirtschaftlich, sondern auch als Teil öffentlicher Daseinsvorsorge zu denken.
Autorenschaft: Heinz Högelsberger, Abteilung Klima, Umwelt und Verkehr AK Wien
In der GĂĽter- und Personenbeförderung auf StraĂźe und Schiene fehlen qualifizierte Arbeitskräfte – vor allem aber fehlt es an Frauen! Warum gibt es auch 2024 immer noch so wenig Frauen hinter dem Lenkrad eines Busses, Lkws oder im FĂĽhrer:innenstand einer Lok? Welche Ursachen hat die männliche Dominanz in diesem Sektor? Welche MaĂźnahmen sind erforderlich, um mehr Frauen fĂĽr diese Berufe zu gewinnen und die Arbeitsbedingungen dieser Branche insgesamt attraktiver zu gestalten?
Die US-amerikanische Feministin Audre Lorde drückte die Grundschwierigkeit sehr eindrucksvoll aus: „Es sind nicht unsere Unterschiede, die uns trennen. Es ist unsere Unfähigkeit, diese Unterschiede anzuerkennen, zu akzeptieren und zu feiern.“ Der Kampf um Gendergerechtigkeit in der Verkehrsbranche kann nur erfolgreich geführt werden, wenn die Gründe deutlich werden, warum dieser starke Aufholbedarf bei der Beschäftigung von Frauen besteht. Und dies, obwohl die Branchen generell dringend Arbeitskräfte suchen und viele Unternehmen gezielt versuchen insbesondere Frauen anzuwerben. Die Klimakrise fordert einem ökologischen Umbau unserer Gesellschaft und hierbei wird der Verkehrssektor eine entscheidende Rolle spielen. Deshalb müssen angemessene Arbeitsbedingungen für Arbeitnehmer:innen geschaffen werden, damit sie mitarbeiten können, durch den Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel den Anteil des Individualverkehrs zu senken, der für einen Großteil des C02-Ausstoßes in Österreich verantwortlich ist. Der Raubbau an der Natur findet seine nahtlose Fortsetzung in der Ausbeutung der Menschen. Es lassen sich nur deshalb so viele Güter konkurrenzlos günstig per Lkw transportieren, weil die Arbeitsbedingungen in der Branche vergleichsweise schlecht sind. Menschenwürdige Arbeitsbedingungen machen somit unsere Welt gerechter und zugleich ökologischer. Für einen sozialen und ökologischen Umbau muss bei Bus oder Bahn der Beruf für Frauen attraktiver werden.
Busse: Alltägliche Schwierigkeiten und Imagefragen
Die Ursachen, warum die Attraktivierung des Berufsbildes der Busfahrer:in bisher nur unzureichend gelang, sind vielfältig. Selbstverständlich spielen die Arbeitsbedingungen, wie insbesondere die Schichtarbeit, aber auch das Arbeitsumfeld eine große Rolle. Der Beruf der Busfahrerin ist physisch und psychisch anspruchsvoll. Oft sind lange Fahrten, unregelmäßige Arbeitszeiten und sogar Übernachtungen im Bus erforderlich. Diese Aspekte wirken auf viele Frauen abschreckend, da sie eine starke Belastung für das Privat- und Familienleben darstellen. Für Frauen, die oftmals immer noch einen größeren Teil der Familienarbeit übernehmen, kann es schwer sein, die langen Arbeitszeiten und auswärtigen Übernachtungen mit familiären Verpflichtungen zu vereinbaren. Im Verkehrsbereich gibt es bisher nur wenige flexible Arbeitszeitmodelle oder Teilzeitangebote, die es einfacher machen würden, die Familie mit dem Beruf in Einklang zu bringen.
Auch das Image der Branche ist nicht mehr zeitgemäß. Der Beruf des Busfahrers wird immer noch oft als „Männerberuf“ angesehen. Dadurch fühlen sich Frauen abgeschreckt oder haben das Gefühl, dass sie sich in dieser, männerdominierten Umgebung nicht wohlfühlen würden. Traditionelle Rollenvorstellungen und gesellschaftliche Erwartungen spielen hier eine wesentliche Rolle. Ein weiterer wesentlicher Punkt betrifft Sicherheitsbedenken. Übergriffe durch gewalttätige Fahrgäste nehmen zu, auch weil die zunehmende Hitze die Aggressionsbereitschaft steigert. Diese Gefahren stellen eine zusätzliche Hürde für den Beruf dar. Obwohl aktuell konkrete und belastbare Zahlen fehlen, gehen Schätzungen in der Branche davon aus, dass der Frauenanteil bei Busfahrer:innen österreichweit bei bis zu 20 Prozent liegt. Regional bestehen erhebliche Unterschiede, auch ein Stadt-Land-Ungleichgewicht ist feststellbar. Für einen Imagewandel in der Branche braucht es gezielter Werbung und Förderung, die zeigt: Frauen können das, Frauen sollen sich sicher fühlen und Frauen sind hochwillkommen.
Konkrete Verbesserungen mĂĽssen her
Die Verbesserung der Arbeitsbedingungen könnte den Frauenanteil erhöhen. Bisher ist es leider so, dass das Fehlen sozialer Infrastruktur wie Pausen- und saubere Sanitärräume dazu führt, dass Frauen nicht einmal in Erwägung ziehen, in diesem Sektor arbeiten zu wollen. Viele Busse, Triebwägen sowie Lkw-Raststätten und Einrichtungen an den Bahnhöfen sind für häufig für Frauen, aber auch für Männer nicht adäquat ausgestattet. Beispielsweise gibt es häufig keine getrennten Sanitäranlagen oder Umkleidemöglichkeiten. Viele Unternehmen haben erkannt, dass Frauenbeschäftigung Potenzial hat, aber es gibt oft zu wenig greifbare Maßnahmen, um Frauen zu ermutigen oder ihnen die Ausbildung finanziell zu erleichtern.
Mittlerweile gibt es allerdings schon einige Firmen, die sich gezielt dafür einsetzen, Verkehrsberufe für Frauen attraktiver zu gestalten. Sei es durch die Anpassung von Lkw-Ausstattungen, passende Arbeitsschutzbekleidung, gezielte Ausbildungsförderung oder verbesserte Sicherheitskonzepte, um Frauen vor Gewalt und sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz zu schützen. Planbare Freizeit und gezielte Werbung können langfristig helfen, zukünftig mehr Frauen für den Verkehrssektor zu begeistern. Die Verkehrsbranchen würden von einer stärkeren Diversität in den Reihen ihrer Fahrer:innen jedenfalls profitieren. Unternehmen, die das bereits erkannt haben, sind auch zunehmend bereit, Schritte in diese Richtung zu gehen – doch eine spürbare Veränderung braucht mehr Impulse, Vorbilder und wohl auch einen langen Atem.
Ă–sterreich: Bahnland Nummer eins?
Die Bahn ist fraglos ein wichtiges Instrument im ökologischen und sozialen Umbau. Auch die Bahnbranche leidet unter Fachkräftemangel und zu geringer Attraktivität für Frauen. Mit über 1,5 Millionen Eisenbahner:innen in Europa, lag der durchschnittliche Frauenanteil im europäischen Bahnsektor im Jahr 2023 bei 21,4 Prozent und damit laut Eurostat-Erhebung weit unter der europäischen gesamtwirtschaftlichen Frauenerwerbsquote von 46,5 Prozent. Während in Österreich die Frauenerwerbsquote mit 70,3 Prozent weit über dem europäischen Niveau liegt, arbeiten in den österreichischen Eisenbahnunternehmen nur 12,8 Prozent und nehmen mit diesem Wert zum wiederholten Mal im Vergleich zu 16 europäischen Ländern den letzten Platz ein, wie der „6. Women in Rail Report 2023“ zeigt. Im Gegensatz zu Österreich weisen Länder wie Schweden mit 40 Prozent und die Slowakei mit 35,8 Prozent die höchsten Quoten aus.
„Nicht überall ist Österreich das Bahnland Nummer Eins“, denn bei der Frauenbeschäftigung ist die Bundesbahn europäisches Schlusslicht“, analysiert Olivia Janisch, Bundesfrauenvorsitzende der Verkehrsgewerkschaft vida und zeigt sich gleichzeitig zuversichtlich, dass „es mit Blick auf Schweden und Slowakei jedenfalls möglich ist, mehr Frauen für die Eisenbahnbranche zu begeistern.“ Während im Top Management der österreichischen Bahnen Frauen mit 27,3 Prozent vertreten sind, liegt insbesondere in den eisenbahnspezifischen Berufen, wie beispielsweise in der Fahrdienstleitung (7,9 Prozent), im Lokfahr- (2,7 Prozent) und Zugbegleitdienst (15 Prozent) Österreich im europäischen Vergleich auf dem letzten Platz. Hürden sind wie bei den Busfahrerinnen auch für die Eisenbahnerinnen unregelmäßige Schichtdienste. Die fehlende betriebliche Kinderbetreuung erschwert zudem die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben. Gewalt und sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz sind ebenso schwerwiegende Gründe, weshalb sich Frauen gezwungen sehen, die Branche zu wechseln. Gleichzeitig hakt es auch an vergleichsweise trivialen Arbeitsbedingungen, wie mangelnde Arbeitsschutzbekleidung in passender Größe sowie ausreichende und saubere Sanitäranlagen, wobei letzteres auch für männliche Eisenbahner ein Problem darstellt. Die Eisenbahner:innen betonen allerdings die, aufgrund des vergleichsweise hohen gewerkschaftlichen Organisationsgrades, gute und transparente Entlohnung.
Bahn frei für Frauen – Europäische Sozialpartner einigen sich
Der „Women in Rail Report“ wird seit 2012 erstellt und untersucht 28 Bahnunternehmen aus 21 europäischen Ländern. Er diente als Grundlage für die zähen Verhandlungen zwischen den Sozialpartnern zur Einigung von verbindlichen frauenfördernden Maßnahmen. Ende 2021 wurde das Sozialpartnerabkommen unterzeichnet, das die verbindliche Umsetzung von frauenfördernden Maßnahmen vorsieht. Der Maßnahmenkatalog umfasst die Einführung von Zielquoten, Arbeitszeitflexibilisierung für die Vereinbarkeit von Beruf- und Privatleben, Förderung der Karriereentwicklung, Lohntransparenz, Gesundheit und Sicherheit und die Bekämpfung sexueller Belästigung.
Die Bahnbranche ist eine Zukunftsbranche und kann hinsichtlich des demographischen Wandels nicht auf weibliche Talente verzichten. Die Sozialpartner haben nun zwei Jahre Zeit, um die vereinbarten Maßnahmen umzusetzen. Innerhalb der ÖBB wurde mit der „Diversity Charta“ festgelegt, den Frauenanteil im Gesamtkonzern von aktuell 14 auf 17 Prozent bis 2026 zu erhöhen. Als einer der größten Lehrlingsausbildner in Österreich, zeichnet sich hier ein positiver Trend ab. Aufgrund aktiver Anwerbung von weiblichen Lehrlingen konnten seit 2019 der Anteil an weiblichen Lehrlingen von 18 auf 21 Prozent gehoben werden.
Ein weiterer wichtiger Meilenstein für alle Branchen erfolgt nun mit der Umsetzung EU-Lohntransparenzrichtlinie, als wichtiges Instrument, um den Gender-Pay-Gap endlich zu schließen. Nur wenn Politik und Unternehmen den Weg für mehr Frauen in der Transportbranche frei machen, indem sie ihnen eine soziale und faire Beschäftigung ermöglichen, kann der Bus- und Bahnverkehr einen bedeutenden Beitrag zu einer ökologischeren Gesellschaft leisten.
Was in Österreich selbstverständlich scheint, ist anderswo eine große Herausforderung. In Chicago zeigt sich, was passiert, wenn Schienenverkehr privatisiert wird – und dann erst recht wieder von der öffentlichen Hand gerettet werden muss.
Die Geschichte von Metra in Chicago
In Chicago, der drittgrößten Stadt der USA, wird der regionale Schienenpersonenverkehr von Metra betrieben. Metra ist ein öffentliches Unternehmen unter dem Dach der bundesstaatlichen Verkehrsbehörde und bildet mit elf Linien und 242 Stationen das Rückgrat des Pendlerverkehrs in der 10-Millionen-Einwohner:innen-Region.
Metra verbindet die Vororte mit dem Stadtzentrum und ist deshalb besonders wichtig für sozial benachteiligte Bewohner:innen, die vorwiegend im Süden von Chicago leben. Ohne Metra wären sie vollkommen abgeschnitten vom Leben und den Jobchancen in Downtown Chicago, denn ein Auto können sich von ihnen die Wenigsten leisten. Daher scheint es nur sinnvoll, wenn die öffentliche Hand versucht, diese sozialen Unterschiede auszugleichen.
Metra war aber nicht immer ein öffentliches Unternehmen. Bis 1984 lag der Pendlerverkehr in den Händen privater Eisenbahnbetreiber. Diese zogen sich nach und nach aus dem Personenverkehr zurück, weil dieser nicht rentabel genug war, und setzten nur mehr auf den lukrativeren Schienengüterverkehr – ein Szenario, das auch anderswo droht, wenn private Betreiber sich nur Rosinen rauspicken können. Der Bundesstaat musste eingreifen und Metra wurde gegründet, um das für die Bevölkerung notwendige Verkehrsnetz aufrechtzuerhalten.
Die Folgen privater Kontrolle
Als Metra 1984 gegründet wurde, erbte das Unternehmen ein kaputtgespartes System mit veralteter Infrastruktur. Investitionen in neue Schienen, neue Leitsysteme oder neues Zugmaterial lohnten sich für die privaten Betreiber nicht – die hätten den Gewinn gedrückt und waren daher nicht vorgesehen. Metra betreibt heute den Regionalverkehr im Raum Chicago auf sieben ehemaligen privaten Linien. Weil damit aber nicht alle Vororte angebunden sind, werden Leistungen zugekauft, also an andere Unternehmen vergeben. Das betrifft vier zusätzliche Linien, die zwar nicht im Eigentum, aber im Auftrag von Metra fahren. Es wird wenig überraschen, dass dieses zusammengeflickte Stückwerk wenig effizient ist, und das Unternehmen vor große Herausforderungen stellt, wenn es darum geht, Regionalverkehr für den Chicago-Raum anzubieten.
NatĂĽrlich hinterlassen auch die fehlenden Investitionen der vergangenen Jahrzehnte ihre Spuren. Das Unternehmen setzt Waggons ein, die zwischen den frĂĽhen 1950er Jahren und 1980 gebaut wurden. Nur eine der elf Linien in der drittgrößten Metropole der USA ist elektrifiziert, auf den ĂĽbrigen fahren DieselzĂĽge durch die Stadt. Der gesamte Reinvestitionsbedarf von Metra beläuft sich auf schätzungsweise 9,4 Milliarden US-Dollar, während das jährliche Investitionsprogramm – bei der Ă–BB-Infrastruktur AG wäre das der Rahmenplan – bei lediglich knapp einer halben Milliarde US-Dollar liegt. Zur Einordung: 2023 investierte Ă–sterreich 336 Euro pro Einwohner:in in den Ausbau und die Erneuerung des Schienensystems, in Deutschland waren es 115 Euro. In Chicago betragen die Reinvestitionen in Bahninfrastruktur und Fahrzeuge zusammen nur 60 Euro pro Einwohner:in des Servicegebietes. Mit diesen Mitteln werden die notwendigsten Investitionen getätigt, etwa einstĂĽrzende BrĂĽcken oder Stiegen. Der rĂĽckständige Reinvestitionsbedarf kann jedoch nicht gedeckt werden.
Die Probleme, die Metra heute hat, wurden also von den privaten Eigentümern mitgeerbt – frei nach dem Motto Gewinne privatisieren, Verluste verstaatlichen.
Herausforderungen der Zukunft
Metra steht vor einer unsicheren Zukunft. Ein Fünftel des operativen Budgets wird auch im Jahr 2024 noch von COVID-Subventionen abgedeckt, die in zwei Jahren auslaufen werden. Wie diese finanzielle Lücke danach geschlossen werden kann, ist unklar. Das Investitionsprogramm ist stark abhängig von staatlichen und bundesstaatlichen Förderprogrammen, die sich je nach politischer Lage aber schnell ändern können. Das Infrastrukturpaket von US-Präsident Biden hat zwar einen kurzfristigen Finanzierungsboost gebracht, eine Weiterführung ist aber unklar und hängt nicht zuletzt vom Ausgang der Präsidenschaftswahlen im November ab.
Lessons Learned
Der Fall Metra in Chicago zeigt, wie gefährlich es sein kann, wenn notwendige öffentliche Dienstleistungen in private Hände geraten. Ein gut finanzierter, öffentlicher Schienenpersonenverkehr ist essenziell für das Wohlergehen und die Chancengleichheit aller Bürger:innen. Es lohnt sich daher auch in Europa und in Österreich, jeglichen Bestrebungen von Privatisierungen oder Liberalisierungen klar entgegenzustehen.
Julie Freidl – Ökonomin und Eisenbahnerin, hat vergangenes Jahr bei Metra in Chicago gearbeitet.
Mit viel Pomp hat der britische König Charles am 17. Juli im Parlament in London die Regierungserklärung des neuen Premierministers Keir Starmer verlesen. Dabei verkündete er auch die schrittweise Re-Verstaatlichung der britischen Eisenbahn. Die regierende Labour Party hat ihre detaillierten Pläne in einer 28-seitigen Broschüre zusammengefasst, die es wert ist, gelesen zu werden. Damit wird die Reparatur eines dreißigjährigen misslungenen Liberalisierungsexperiments eingeleitet.
Zur Erinnerung: In der Nachkriegszeit war die staatliche British Rail für den Bahntransport in fast allen Landesteilen (mit Ausnahme von Nordirland) zuständig; und zwar recht erfolgreich und verlässlich. In den 1980er Jahren hatte die Regierung Thatchers beinahe alle ehemaligen Staatsbetriebe verkauft; die Eisenbahn stand aber noch aus. Mit dem Railways Act, der 1994 in Kraft trat, wurde British Rail in über 100 verschiedene Unternehmen aufgeteilt. Die einzelnen Strecken wurden zu regionalen Gruppen zusammengefasst und als Konzessionen ausgeschrieben, um die sich Privatunternehmen bewerben konnten. Im Jahr 1997 war der Privatisierungsprozess abgeschlossen. Die versprochenen Erfolge stellten sich nicht ein. Zwar stieg die Anzahl der beförderten Reisenden, doch die erhofften Preissenkungen blieben weitgehend aus. Vielmehr wurden die Preise massiv erhöht. Die gesamte Bahninfrastruktur wurde von der privaten Gesellschaft Railtrack übernommen. Die Instandhaltung der Anlagen wurde aus Kostengründen vernachlässigt, wichtige Investitionen wurden aus kurzfristigem Profitdenken gestrichen. Nach zahlreichen Pannen und Unfällen mit vielen Todesopfern konnte Railtrack ihren Aktionären keine Dividende mehr auszahlen und ging 2002 bankrott. Darauf übernahm die öffentlich-rechtliche und nicht auf Gewinn ausgerichtete Gesellschaft Network Rail das Schienennetz. Der Bahnbetrieb selbst wurde aber von zahlreichen Unternehmen aufrechterhalten. Die Folge sind nicht abgestimmte Fahrpläne, ein Wildwuchs an Tarifen, hohe Preise und zahlreiche Verspätungen bzw. Zugausfälle, sowie vernachlässigte Bahnhöfe; und das in jenem Land, in dem die Eisenbahn erfunden wurde! Stellte eine privates Eisenbahnunternehmen ihre Tätigkeit überraschend ein, musste der Staat erst recht einspringen und den Betrieb übernehmen. Ein von der konservativen Vorgängerregierung beauftragte Untersuchung kam aktuell zu dem Schluss: „Die Aufteilung von British Rail in Dutzende von Unternehmen sollte den Wettbewerb zwischen ihnen fördern und zusammen mit der Beteiligung des Privatsektors zu mehr Effizienz und Innovation führen. Davon ist wenig geschehen. Stattdessen hat die Zersplitterung des Netzes die Verwirrung für die Fahrgäste vergrößert und es schwieriger und teurer gemacht, die im Wesentlichen gemeinschaftliche Aufgabe zu erfüllen, die Züge pünktlich fahren zu lassen.“
Die neue Regierung reagiert darauf nun mit der Gründung der staatlichen „Great Britain Railways“. Hier soll zu Beginn der Infrastrukturbetreiber „Network Rail“ mit den ohnehin schon staatlichen Auffanggesellschaften fusioniert werden. Mit dem Auslaufen der bestehenden Konzessionen, werden schrittweise wohl immer mehr Bahnlinien in das Unternehmen integriert. Die Regierung verspricht sich davon Vereinfachungen und Synergien, direkte und strategische Steuerung, sowie besseres und abgestimmtes Service. Außerdem gehen keine Profite mehr an private Betreiber. Sind dann noch freie Kapazitäten und Bahntrassen übrig, werden auch „Open Access“-Unternehmen – also Eisenbahnen, die auf eigene Rechnung fahren – zugelassen. Gleichzeitig sollen auch die Fahrgastrechte und die Arbeitsbedingungen für die Eisenbahner:innen verbessert werden. Mit dem britischen Bahnwesen geht es also wieder aufwärts.
Tim Engartner, Professor für Sozialwissenschaften an der Universität Köln, hat am 24. Mai an einer Podiumsdiskussion in Wien Zwischenergebnisse seiner Studie zur neoliberalen Bahnpolitik der EU vorgestellt.
Engartner erarbeitet die Studie im Auftrag der österreichischen Bahngewerkschaft Vida, des SEV und weiterer Partner vor dem Hintergrund des Versuchs der EU-Kommission, Ausschreibungen von Bahnleistungen obligatorisch zu erklären, bzw. sollen Direktvergaben unzulässig werden. Dagegen wehrt sich Vida in Österreich, wo sich Direktvergaben wie in der Schweiz bisher bewährt haben. Ausserdem geht es in Engartners Studie um die Erfolge und Misserfolge der europäischen Bahnliberalisierung.
Im Summary Paper «Verfehlte Weichenstellungen in Richtung Wettbewerb – oder: Warum die EU-Kommission die Bahn nicht auf die Erfolgsschiene bringt» zieht Engartner eine ernüchternde Bilanz der EU-Politik der letzten 20 Jahre. So lag im Jahr 2021 der Bahnanteil beim Güterverkehr in den 27-EU-Ländern nur bei 17 % und der Strassenanteil bei 77 %. Das sind 3 % mehr als 2011. Im grenzüberschreitenden Schienenpersonenverkehr wurden 2021 pro EU-Einwohner:in nur 23 Kilometer zurückgelegt und auf nationalen Zugfahrten 560. Gemäss Litra waren es 588 km pro Einwohner:in in den berücksichtigten europäischen Ländern, darunter die Schweiz auf Platz 1 mit 1628 km, vor Frankreich mit 1118 km und Österreich mit 933 km.
Fatale Fragmentierung
Der Misserfolg der Bahn in der EU ist gemäss Engartner auf die Politik der EU in Richtung Liberalisierung, Deregulierung und Privatisierung zurückzuführen. Bis in die Neunzigerjahre wurde das Bahnwesen nämlich noch umfassend reguliert, was eine langfristige Planung und Steuerung erlaubte. Als Beispiel nennt er die Fragmentierung des britischen Bahnsystems: «Nach wie vor bilden die Betreibergesellschaften gemeinsam mit den Zugleasingfirmen, mit dem 2002 gegründeten Infrastrukturbetreiber Network Rail sowie mit den zwischenzeitlich mehr als 2000 Subunternehmen ein kaum zu durchschauendes Interaktions- und Aufgabengeflecht», schreibt Engartner. «Waren die Verantwortlichkeiten zu Zeiten von British Rail eindeutig zu benennen, gab es infolge der Fragmentierung einen zusätzlichen Bedarf an bürokratischen Abläufen (…). Mindestens einen Impuls erhielt die britische Regierung dabei über die EU-Richtlinie 91/440/EWG: Diese forderte eine vom Staat unabhängige Geschäftsführung der Eisenbahnunternehmen (EVU) ein, schrieb sowohl die buchhalterische Trennung von Eisenbahninfrastruktur und (Eisenbahn-)Dienstleistungen als auch den wettbewerbsorientierten Zugang zu den Netzen der Mitgliedsstaaten für internationale EVU vor. (…) Eine Studie aus dem Jahr 2019 etwa hat ergeben, dass jeder Kilometer, den ein Fahrgast mit der Bahn zurücklegt, in Grossbritannien Gesamtkosten von umgerechnet 38,1 Eurocent verursacht, während die Kosten in der Schweiz mit umgerechnet 19 Eurocent knapp halb so hoch ausfallen.» Nun will die britische Regierung das Bahnsystem wieder stärker zusammenführen.
Kostspielige Ausschreibung
Engartner verweist auch auf die negativen Folgen des von der EU-Kommission propagierten intermodalen Wettbewerbs zwischen EVU und die Ausschreibungswettbewerbe im Besonderen: Diese verursachen im Vergleich zu Direktausschreibungen mehr Aufwand und Kosten für Auftraggeber und Auftragnehmer. Dazu kommen häufige juristische Anfechtungen der Verfahren. Kund:innen müssen oft eingeschränkte Angebote hinnehmen. Mitarbeitende der unterlegenen Bahnen rutschen vielfach in die «friktionelle» Arbeitslosigkeit. Und weil Trassengebühren und die Kosten für Energie und Rollmaterial für die EVUs weitgehend identisch sind, tragen sie den Wettbewerb vor allem über die Personalkosten aus. Zudem spielt der Wettbewerb oft nicht richtig: So wurden im Jahr 2022 in Deutschland bei 17 Bahnausschreibungen gerade mal 24 Offerten eingereicht, also 1,4 pro Ausschreibung, Tendenz weiter sinkend.
Ferner können Vergaben an Billigstanbieter, die nur an kurzfristigem Gewinn interessiert sind, für Besteller und Kunden zum Desaster werden, wie das Beispiel von Abellio Rail in Deutschland zeigt: Das Tochterunternehmen der niederländischen Staatsbahnen ergatterte vor einigen Jahren mit Dumpingangeboten den Zuschlag für etliche Regionalverkehrslinien. Es ging absurde Vertragsbedingungen ein, die ihm Strafzahlungen für Zugsausfälle und -verspätungen einbrockten, die es nicht bezahlen konnte, zumal der Mutterkonzern nicht einsprang. Das führte zu Gerichtshändeln mit den Verkehrsverbünden, und das Land Nordrhein-Westfalen musste für viel Geld Verkehrsleistungen bei anderen EVU einkaufen.
Doch statt aus solchen Erfahrungen zu lernen, will die EU-Kommission Ausschreibungen zur Pflicht machen, obwohl das vierte Eisenbahnpaket weiterhin Direktvergaben gleichberechtigt zulässt. «Angesichts der herausragenden Fahrgastzuwächse im österreichischen und schweizerischen Schienenverkehr stellt sich die Frage, warum das Erfolgsmodell der verkehrspolitischen Steuerung mittels Direktvergaben aufgegeben werden sollte», hält Engartner fest. Und er unterstreicht: Um die Bahn als klimafreundlichen Verkehrsträger in Europa voranzubringen, braucht diese vor allem mehr Investitionen.
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