Eine gut ausgebaute Infrastruktur im öffentlichen Verkehr ist nicht nur entscheidend für den Klimaschutz, sondern bietet auch ein enormes Arbeitsplatzpotenzial. Eine neue Studie der Arbeiterkammer zur „Daseinsvorsorge 2030 – Gute Grundversorgung für alle innerhalb der planetaren Grenzen“ macht deutlich, wie der Ausbau der Öffis nicht nur die Lebensqualität vieler Menschen verbessert, sondern auch die Schaffung tausender Arbeitsplätze ermöglicht.
Besonders problematisch sind die großen regionalen Unterschiede, was Qualität und Verfügbarkeit der öffentlichen Verkehrsmittel (=ÖV) betrifft. Derzeit finden 53 Prozent der Menschen in Österreich ein gutes Öffi-Angebot (= ÖV-Qualitätsklasse A–D) an ihrem Wohnort vor, während 13 Prozent und damit 1,16 Millionen Menschen außerhalb jeder ÖV-Güteklasse leben. Für sie bedeutet es, keinen Zugang zu einem Öffi-Angebot zu haben und in hohem Maße auf ihr privates Auto angewiesen zu sein. Hier macht sich auch der Kahlschlag der vergangenen Jahrzehnte bemerkbar, als Hunderte Kilometer an Regionalbahnen stillgelegt wurden. Im Bahnverkehr müssen daher die Schienennetze weiter ausgebaut werden. Die bestehende Verkehrsinfrastruktur muss widerstandsfähiger gegen Extremwettereignisse werden. Das haben die Überflutungen entlang der “Neuen Westbahnstrecke“ uns drastisch vor Augen geführt.
Recht auf Mobilität schafft Chance auf Arbeitsplätze
In Österreich sind derzeit rund 370.000 Menschen arbeitslos – Tendenz stark steigend. Die Aufstockung von Personal im öffentlichen Verkehr ist auch im aktuellen Status quo bereits schon dringend notwendig, um die Beschäftigten zu entlasten und die Arbeitsbedingungen zu verbessern. Wenn darüber hinaus das Recht auf gute und nachhaltige Mobilität umgesetzt werden soll, schafft dies zahlreiche neue Arbeitsplätze. Nimmt man die flächendeckenden Ausbauszenarien des Projekts FLADEMO, so werden bis zum Jahr 2030 für den Ersatz von Pensionierungen und die Ausweitung des Angebotes zusätzlich rund 39.000 Verkehrsbeschäftigte benötigt. Das ist fast die Hälfte aller 80.500 Menschen, die 2021 im öffentlichen Verkehr beschäftigt waren. Darüber hinaus wird es zu Beschäftigungsimpulsen durch den einmaligen Ausbau bzw. die Umrüstung der bestehenden Verkehrswege kommen. Die Autor:innen der AK-Studie berechnen für die Jahre 2024 bis 2030 aufgrund von Investitionen in die Infrastrukturen des öffentlichen Verkehrs, die Elektrifizierung der Fahrzeugflotte, sowie den Rad- und Gehwegbau einen Beschäftigungsimpuls von 28.100 bis 37.600 in der Baubranche und der Industrie.
Was braucht es konkret?
- Ein Recht auf gute und nachhaltige Mobilität! Ein gutes Angebot an Bahn- und Busverbindungen ermöglicht und erleichtert den Menschen den Umstieg auf Öffis.
- Effektive Planung durch die öffentliche Hand! Damit die Menschen künftig besser mit öffentlichem Verkehr versorgt sind, braucht es dringend einen Ausbau. Eine effiziente Planung durch die öffentliche Hand ist entscheidend, um dies umzusetzen und den Bedarf an dringend benötigten Arbeitskräfte zu decken.
- Faire Löhne und bessere Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten bei Bahn und Bus! Für eine langfristige Sicherung der qualitativ hochwertigen Daseinsvorsorge brauchen die Beschäftigten eine dringende Verbesserung der Arbeitsbedingungen.
- Gemeinwohlorientierung stärken! Die Liberalisierung führte für die Beschäftigten im Mobilitätsbereich zu schlechteren Arbeitsbedingungen. Weitere Liberalisierungen sind daher abzulehnen.
- Aufweichen der strengen EU-Fiskalregeln! Damit die Städte und Gemeinden die notwendigen Investitionen in Milliardenhöhe in den Ausbau der Öffis leisten können, müssen diese Investitionen von den strengen EU-Schuldenregeln ausgenommen werden.
- Recht auf Weiterbildung! Die Arbeitnehmer:innen müssen für die Zeit der Qualifizierung eine ausreichende und langfristige Existenzsicherung erhalten.
- Abstimmung der Raumplanung mit dem ÖV-Angebot und Reduktion der Mobilitätszwänge: Die Raumordnung der Länder muss sicherstellen, dass ein verbessertes ÖV-Angebot nicht zur weiteren Zersiedelung führt.
- Gesetzliche Verankerung von betrieblichem Mobilitätsmanagement: Die Verantwortung der Unternehmen für die Arbeitswege ihrer Mitarbeiter:innen ist zu stärken.
Fazit
Auch im Mobilitätsbereich führt ein Ausbau der Daseinsvorsorge – in diesem Fall des öffentlichen Verkehrs – zu einer Win-win-Situation: Ein Recht auf gute und nachhaltige Mobilität kann die Benachteiligung von Einwohner:innen in ländlichen Regionen senken. Fällt der Zwang zum Auto weg, kommt dies einer großen Kosteneinsparung gleich. Zusätzlich ist der Ausbau der Öffis – wie schon gezeigt – eine Jobmaschine. Wechseln viele Menschen vom Pkw auf Bahn und Bus, so senkt das die Treibhausgasemissionen enorm. Und auch bei der Finanzierung gibt es eine gute Nachricht: Die Einsparungen beim nicht benötigten Autoverkehr sind weit höher, als der ÖV-Ausbau kosten würde.
Dieser Blogbeitrag basiert auf der Studie der Arbeiterkammer, zuerst erschienen im A&W-Blog
Autorenschaft: Heinz Högelsberger, Abteilung Klima, Umwelt und Verkehr AK Wien