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Österreichs Bahnindustrie – ein „Hidden Champion“

Die Bahnindustrie steht oftmals im Schatten anderer Branchen steht. Dabei trägt sie maßgeblich zu einer nachhaltigen und klimafreundlichen Mobilität sowie zur heimischen Wirtschaft bei. Um dieses Potenzial voll auszuschöpfen, braucht es jedoch die richtigen politischen Rahmenbedingungen, innovative Strategien und eine verstärkte Fokussierung auf die Bahninfrastruktur. Ein genauer Blick auf die aktuelle Situation und die Herausforderungen der Branche zeigt, wie entscheidend der Ausbau des Schienenverkehrs und die Stärkung der heimischen Bahnindustrie sind.

Einen Tag, nachdem Bundeskanzler Karl Nehammer im Juni 2024 eine Gesprächsrunde über das „Aus zum Verbrenner-Aus“ veranstaltete und dabei erneut das „Autoland Österreich“ ausrief, fand der Jahresempfang des Verbandes der Bahnindustrie (VBI) statt. Klimaministerin Leonore Gewessler nutzte daraufhin ihre Begrüßungsworte, um Österreich als „Bahnland“ zu titulieren.

Betrachtet man den Status quo, so haben beide recht. Die in der WKÖ-Fachgruppe „Fahrzeugindustrie“ vertretene Unternehmen beschäftigten im Jahr 2023 36.200 Menschen. In der sogenannten Zulieferindustrie (Maschinenbau, Kunststoffe, Textil, Elektronik) arbeiten weitere 40.100. In der heimischen Bahnindustrie wiederum sind 15.000 Menschen direkt beschäftigt und erwirtschafteten eine Bruttowertschöpfung von etwa 1,6 Milliarden Euro. Mit einer Exportquote von 70 Prozent liegt Österreich in absoluten Zahlen weltweit an 4. Stelle (alle Daten für 2021).

Vorrang für die Bahnindustrie

Derzeit werden 60 Prozent aller Wege mit dem Auto unternommen. Um die Klimaziele zu erreichen, muss sich der Modal Split – laut Mobilitätsmasterplan des Klimaministeriums – bis zum Jahr 2040 umdrehen (60 % Umweltverbund, 40 % PKW). Der öffentliche Verkehr – und hier speziell die Bahn – muss massiv ausgebaut werden. Das ergibt auch zusätzliche Chancen für die heimische Bahnindustrie. Welche Voraussetzungen und Rahmenbedingungen es für einen Ausbau braucht, wird aktuell in einer Studie im Auftrag der AK analysiert. Und alles muss mit enger Einbindung von Betriebsrät:innen und Gewerkschaften passieren. Das System Bahn könnte somit zum Startpunkt einer völlig neuen und zukunftsfähigen Industriestrategie werden.

Die heimische Bahnbranche befindet sich allerdings derzeit selbst in einer Zwickmühle: Auf der einen Seite ist auch hier der Fachkräftemangel bemerkbar. Nicht umsonst sprach VBI-Präsident Hannes Broyer „von den Skills der Beschäftigten in der KFZ-Industrie, die wir gerne abwerben möchten“. Andererseits macht sich Unbehagen über Billigkonkurrenz aus Asien breit. So setzt die Westbahn AG Garnituren des chinesischen Konzerns CRRC ein. Daher bräuchte es bei den Ausschreibungen verpflichtende Kriterien einer europäischen Wertschöpfung von mindestens 50 Prozent. Da der Ausbau der Bahnsysteme hauptsächlich über Steuergelder finanziert werde, sollte auch der wirtschaftliche Nutzen vor Ort bleiben. Es wird immer offensichtlicher, dass die Lieferketten kürzer und damit krisenfester werden müssen. Waren es in der Vergangenheit die verspätete Auslieferung von bestellten Siemens-Triebwägen, so stellen aktuell die benötigten Ausrüstungen für die Reparatur der überschwemmten „neuen Westbahn“ ein Problem dar.

Als wirksames Instrument, das der Industrie eine gewisse Planungssicherheit gibt, sind die ÖBB-Rahmenpläne, die den Bahnausbau auf Jahre festschreiben. Diese haben inzwischen auch eine internationale Vorbildfunktion. Die Bahnindustrie kann jedenfalls von der überfälligen Mobilitätswende profitieren, sodass in diese Branche viele neue „green jobs“ entstehen könnten. Die Politik muss nur die richtigen Maßnahmen setzen; sei es beim weiteren Bahnausbau, attraktiven Fahrplänen und neuen Regeln bei der Beschaffung.

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