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EU-Eisenbahnliberalisierung: Neue Studie zeigt Verwerfungen durch Wettbewerb

Gewerkschaft vida fordert ein Eindämmen des Wettbewerbsdrucks auf Arbeitnehmer:innen 

Wien, 24. 5. 2024 – Die Initiative “Unsere Bahnen” und die Gewerkschaft vida laden heute zur Präsentation des Summary Papers einer neuen Studie der Universität Köln zu zwanzig Jahren Eisenbahnliberalisierung in der EU mit anschließender Podiumsdiskussion. Teilnehmende sind neben Studienleiter Tim Engartner auch Gerhard Tauchner, der Vorsitzende des Fachbereichs Eisenbahn in der Gewerkschaft vida sowie Andreas Schieder, SPÖ-Europaabgeordneter und Mitglied im Verkehrsausschuss im EU-Parlament, die schon im Vorfeld entschiedene Kritik an der Liberalisierungspolitik der Europäischen Union übten.

Studienleiter Tim Engartner, Professor für Sozialwissenschaften an der Universität zu Köln, kommt in der Studie zum Schluss: „Liberalisierungen, Privatisierungen und Deregulierungen in anderen Sektoren der öffentlichen Daseinsvorsorge lassen erkennen, dass die vermeintlich belebende Kraft des Wettbewerbs tatsächlich eher Verwerfungen auslöst. Das von der EU-Kommission verfolgte Ziel, wonach Eisenbahnverkehrsunternehmen markt- und gewinnorientiert im Wettbewerb agieren sollen, verkennt die zahlreichen anerkannten Besonderheiten des Schienenverkehrssystems wie etwa Trassenvergabe oder integraler Taktfahrplan. Ohne ein technisch funktionierendes, preislich attraktives und flächendeckendes Bahnsystem lässt sich die Verlagerung des Verkehrs auf die Schiene als eine der zentralen Weichenstellungen für den European Green Deal nicht umsetzen. Misslingt uns die Verkehrswende, werden der stetig wachsende Autoverkehr, der nicht nachlassende Flugverkehr und die globalisierte Container-Schifffahrt der Klimaerwärmung auch weiterhin den Weg bereiten und uns den ökologischen Untergang bescheren.”

„War die Leistungserbringung durch den Staat einst konstitutiv für diesen, ist auch im Bahnsektor seit einem Vierteljahrhundert eine deutlich verstärkte Inanspruchnahme Privater für die Erfüllung vormals öffentlicher Dienstleistungen zu beobachten. Die mit der PSO-Verordnung 2016/2338 implementierte Ausweitung bzw. Stärkung der Marktkräfte hat zur Folge, dass die umwelt-, wirtschafts- und sozialpoli­tischen Instrumentarien einer nachhaltigen Bahnpolitik ausgehöhlt werden“, kritisiert Engartner die EU-Bahnliberalisierungspolitik.

vida-Gewerkschafter Gerhard Tauchner sagt über die Ergebnisse der Studie und die Entwicklung der letzten Jahrzehnte: „In meiner langjährigen Funktion als Gewerkschafter und Betriebsrat für Eisenbahner:innen hat die Liberalisierung im Bahnsektor nicht für mehr und bessere Jobs gesorgt, sondern für enormen Druck auf die Ar­beit­nehmer­:innen. Insbesondere die langen Arbeitszeiten im Schichtdienst ohne behördliche Kontrollmöglichkeiten befeuern Lohn- und Sozialdumping im interoperablen Schienenverkehr. Deshalb fordern wir etwa einheitliche europäische Ausbildungs- und Sicherheitsstandards aber auch eine digitale Aufzeichnung der Arbeitszeit für Lokführer:innen, wie das bei den LKW-Lenker:innen längst selbstverständlich ist.“

Andreas Schieder, SPÖ-Europaabgeordneter und Mitglied im Verkehrsausschuss im EU-Parlament zeigte sich schon im Vorfeld kritisch gegenüber der EU-Kommission: „Dem Schienenverkehr gehört die Zukunft! Denn ein gut ausgebauter öffentlicher Bahnverkehr kann einen enormen Beitrag für die Mobilität aller Menschen, gegen den Klimawandel und für die moderne Industrialisierung Europas leisten. Dazu müssen auf EU-Ebene die politischen Rahmenbedingungen gestellt werden. Wir wollen Schluss machen mit der steuerlichen Bevorteilung des Straßen- und Luftverkehrs und in großem Ausmaß in die Schieneninfrastruktur investieren. Gegen Liberalisierung und Ausschreibungszwang werden wir ein deutliches Stopp-Schild aufstellen, denn das wäre schlecht für Reisende und Beschäftigte“, blickt Schieder dennoch optimistisch in die Bahn-Zukunft.

Details zur Studie: Summary Paper Tim Engartner

Rückfragehinweis: 
Unsere Bahnen
E-Mail: presse@unsere-bahnen.at

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